4.4.2024 – Leistungen, die ein Jobcenter in gutem Glauben infolge einer nicht widerrufenen Vollmacht erbringt, müssen in vollem Umfang zurückgezahlt werden. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 27. Februar 2024 entschieden (L 11 AS 330/22).
Die Klägerin und ihre Tochter hatten zusammen mit dem Lebensgefährten der Frau, der Vater des Kindes war, seit dem Jahr 2005 Grundsicherungsleistungen bezogen. Um die Anträge der Bedarfsgemeinschaft kümmerte sich der Mann.
Nach der Elternzeit ging die Frau wieder einer Berufstätigkeit nach. Sie beauftragte ihren Partner damit, die Bedarfsgemeinschaft beim Jobcenter abzumelden. Denn sie konnte ihren Lebensunterhalt nun wieder selbst sicherstellen.
Anstatt ihrer Bitte nachzukommen, veranlasste der Mann, dass die Leistungen auf ein anderes Konto, auf das nur er Zugriff hatte, überwiesen wurden. Sämtliche Schreiben des Jobcenters fing er ab. Seine Lebensgefährtin erfuhr daher nichts von seinem betrügerischen Verhalten.
Das änderte sich, als das Jobcenter durch eine Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund von der Sache erfuhr. Es verlangte von der Klägerin, bis dahin zu Unrecht gezahlte Leistungen in Höhe von rund 11.000 Euro zurückzuzahlen.
Dem kam die Frau zunächst in Form von Ratenzahlungen nach. Nachdem ihr Lebensgefährte aber wegen Sozialbetrugs verurteilt worden war und sie sich von ihm getrennt hatte, stellte sie die Zahlungen ein. Das begründete sie damit, dass sie vom Handeln ihres Ex-Partners nichts gewusst habe. Sie könne für dessen Verhalten folglich nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Die Sache hatte jedoch einen Haken. Denn bei der ursprünglichen Beantragung der Grundsicherungsleistungen hatte die Klägerin den Mann schriftlich bevollmächtigt, auch in ihrem und dem Namen des gemeinsamen Kindes zu handeln. Diese Vollmacht hatte sie nicht widerrufen.
Nach Ansicht des schließlich mit dem Fall befassten Landessozialgerichts kann sie sich daher nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie müsse sich vielmehr das betrügerische Verhalten ihres Ex-Lebensgefährten zurechnen lassen.
„Denn wer den Rechtsschein dazu setzt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, muss sich nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht dessen Verhalten zurechnen lassen“, so das Gericht. Das gelte selbst dann, wenn er keinen Bevollmächtigungswillen mehr habe.
Mit anderen Worten: Weil die Betroffene die von ihr erteilte Vollmacht nach der Wiederaufnahme ihrer Berufstätigkeit nicht gegenüber dem Jobcenter widerrufen hatte, ist sie dazu verpflichtet, die zu Unrecht gezahlten Leistungen zurückzuzahlen.
Sie dürfte vermutlich einen Erstattungsanspruch gegenüber ihrem „Ex“ haben. Doch darüber hatte das Landessozialgericht nicht zu befinden.
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